Das russische Justizministerium hat der Wahlbeobachterorganisation GOLOS
jede Tätigkeit für die Dauer von 6 Monaten untersagt.
Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Organisation sich nicht als
ausländischer Agent registrieren ließ, wie es das neue sog. Agentengesetz
vorschreibt, wenn eine Nichtregierungsorganisation Geld aus dem Ausland erhält.
GOLOS, die einzige unabhängige Wahlbeobachtergruppe in Russland, geriet als
erste ins Visier der Justiz. Ihre systematischen Wahlbeobachtungsaktionen
trugen maßgeblich zur Aufdeckung von Wahlfälschungen bei den letzten Duma- und
Präsidentschaftswahlen bei. Das jetzt ausgesprochene Arbeitsverbot betrifft allerdings
auch die Nutzung von Bankkonten, mit Ausnahme der Zahlungen aufgrund von
Arbeitsverträgen sowie die Überweisung von Steuergeldern, Geldstrafen und
sonstige Zahlungsverpflichtungen.
Was die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angeht, so hatte gerade
GOLOS nach Inkrafttreten des sog. Agentengesetzes ausdrücklich auf ausländische
Förderung verzichtet und auch den Geldbetrag im Zusammenhang mit dem
Sacharov-Preis, der ihr vom Norwegischen Helsinki-Komitee im Oktober 2012
zuerkannt wurde, nicht angenommen, sondern die Bank angewiesen, das Preisgeld zurück
zu überweisen.
Die Organisation erklärte, mit Maßnahmen dieser Art gerechnet und
entsprechende Schritte zur Selbstauflösung unternommen zu haben, um einer
strafrechtlichen Verfolgung ihrer Verantwortlichen zuvor zu kommen.
Freitag, 28. Juni 2013
Mittwoch, 26. Juni 2013
Herzlichen Glückwunsch, Michail Chodorkovskij!
MEMORIAL Deutschland schließt sich den vielen Tausend
Menschen an, die überall auf der Welt Ihnen heute zu Ihrem 50. Geburtstag
gratulieren.
In zehn Jahren Haft haben Sie sich unermüdlich, ohne
Rücksicht auf persönliche Gefahren für mehr Demokratie in Russland eingesetzt
und über Ihr eigenes Schicksal hinaus Recht und Freiheit für all jene
gefordert, die unrechtmäßig verurteilt und inhaftiert werden.
Sie haben auch immer wieder an die Bedeutung einer lebendigen
Zivilgesellschaft erinnert. Bürgerschaftliches Engagement sei unerläßlich für
die politische und soziale Modernisierung Russlands. Denn gerade in den letzten
Jahren werden die zivilgesellschaftlichen Organisationen massiver
Einschüchterung seitens des russischen Staates ausgesetzt und in ihrer Arbeit
konsequent behindert.
Wir hoffen, dass der Beschluss des Stadtgerichts Moskau vom
20.12.2012 über die Verkürzung Ihrer Haftstrafe auf 11 Jahre im kommenden Jahr auch
tatsächlich umgesetzt wird und wir Ihnen in 2014 als freier Bürger Ihres Landes
zum Geburtstag gratulieren können!
Das Video-Grußwort des Vorstands von MEMORIAL Deutschland finden Sie auf http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=XWgZJBEGfo0
und www.khodorkovsky.com
Das Video-Grußwort des Vorstands von MEMORIAL Deutschland finden Sie auf http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=XWgZJBEGfo0
und www.khodorkovsky.com
Freitag, 21. Juni 2013
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Swetlana Alexijewitsch
MEMORIAL Deutschland begrüßt die Entscheidung des
Stiftungsrats des Deutschen Buchhandels, den diesjährigen Friedenspreis der
weißrussischen Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch zu verleihen.
Nach Liao Yiwu im vergangenen Jahr und Boualem Sansal 2011
geht der diesjährige Preis an eine Schriftstellerin, die wie ihre Vorgänger mit
viel Mut und Energie denjenigen ihrer Landsleute eine Stimme verleiht, die von
Staats wegen nicht gehört werden sollen.
In der Tradition der sogenannten kollektiven Novelle ihres
Schriftstellerkollegen Ales Adamowitsch thematisiert sie aus größtmöglicher
Nähe den Alltag ihrer Mitmenschen. Diese Gespräche und Interviews sind auch die
Grundlage ihres neuesten Buches „Second-Hand-Zeit“. Swetlana Alexijewitsch,
deren Bücher in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, fragt - gleichsam als
moralische Instanz -, ob Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit nicht die besseren
Alternativen zur heutigen Lebenswelt der Menschen in Weißrussland, Russland und
der Ukraine wären.
Wir empfehlen in diesem Zusammenhang auch die Artikel in der
FAZ vom 20. und 21.06.2013.
Freitag, 14. Juni 2013
In Sachen NGO-Kampagne ...
Nach Meldung des russischen Nachrichtenportals hro.org vom
14./18.und 22.06.2013
- reicht der Moskauer Fonds „Gesellschaftliches Verdikt“
Klage gegen die Überprüfung seiner Arbeit durch die Staatsanwaltschaft ein;
dies gilt auch für die Anordnung der Staatsanwaltschaft, sich als
„ausländischer Agent“ registrieren zu lassen;
- lehnte das Gericht des Moskauer Presnenski-Bezirks die
Berufung der zum Schutz der Wählerrechte gegründeten Organisation „Golos“ ab -
die Organisation habe die Rechte und Pflichten einer
Nichtregierungsorganisation verletzt und sei als „ausländischer Agent“ tätig
gewesen;
- erklärte Alexander Tscherkassov, Vorsitzender des
Menschenrechtszentrums von MEMORIAL, dass es
nicht darauf ankomme, das sog. Agentengesetz zu umgehen. Dieses Gesetz sei
rechtswidrig, der russische Gesetzgeber müsse in Straßburg von den betroffenen
zivilgesellschaftlichen Organisationen verklagt werden;
- verurteilte das Gericht des Moskauer Tverskoi-Bezirks die Vorsitzende der Bewegung "Staatsbürgerliche Zusammenarbeit", Svetlana Gannuschkina, am 18.06.2013 zu einer Geldstrafe von 2 000 Rubel wegen Nichterfüllung der nach Art. 17.7 des russischen Verwaltungskodex KoAP erhobenen Forderungen der Staatsanwaltschaft. Gannuschina kündigte an, dass sie Berufung einlegen wird;
- hätten russische Spezialeinheiten in der Nacht zum 22. Juni 2013 das Büro des renommierten Menschenrechtlers L. Ponomarjow gestürmt, weil der Mietvertrag seiner Organisation "Für Menschenrechte" abgelaufen sei. Ponomarjow bestreitet dies. MEMORIAL-Vertreter bezeichneten die Gewaltanwendung als unverhältnismäßig.
- verurteilte das Gericht des Moskauer Tverskoi-Bezirks die Vorsitzende der Bewegung "Staatsbürgerliche Zusammenarbeit", Svetlana Gannuschkina, am 18.06.2013 zu einer Geldstrafe von 2 000 Rubel wegen Nichterfüllung der nach Art. 17.7 des russischen Verwaltungskodex KoAP erhobenen Forderungen der Staatsanwaltschaft. Gannuschina kündigte an, dass sie Berufung einlegen wird;
- hätten russische Spezialeinheiten in der Nacht zum 22. Juni 2013 das Büro des renommierten Menschenrechtlers L. Ponomarjow gestürmt, weil der Mietvertrag seiner Organisation "Für Menschenrechte" abgelaufen sei. Ponomarjow bestreitet dies. MEMORIAL-Vertreter bezeichneten die Gewaltanwendung als unverhältnismäßig.
Montag, 10. Juni 2013
VN: Tiefe Besorgnis über gerichtliches Vorgehen gegen russische NGOs
Nach Mitteilung von Rosbalt mit Bezug auf das
Informationszentrum der VN erklärten Claudio Grossman, Vorsitzender der
VN-Komitees zur Verhütung von Folter, und George Tugushi, Berichterstatter des
Komitees gegen Repression, dass das MEMORIAL Zentrum St. Petersburg und der
Moskauer Fonds „Gesellschaftliches Verdikt“ jeweils im April und Mai beschuldigt
wurden, das Gesetz über die Registrierung als „ausländische Agenten“ verletzt zu
haben. Nach Grossman und Tugushi basiert die Anklage auf Auszügen aus Untersuchungen,
die dem Komitee im November vergangenen Jahres vorgelegt wurden.
In ihrem Schreiben
an den Ständigen Vertreter der Russischen Föderation in Genf, Alexej
Borodavnik, bitten die VN-Experten um dringende Klärung der Situation und
Zusicherung, dass weder MEMORIAL noch der Fonds „Gesellschaftliches Verdikt“,
noch jedewede andere NGO für „legitimes Handeln, einschließlich der
Weiterleitung von Informationen an das Komitee zur Verhütung von Folter“
gerichtlich verfolgt werden.
Die Experten unterstreichen, dass das Vorgehen der
Staatsanwaltschaft gegen MEMORIAL und
den Fonds „Gesellschaftliches Verdikt“ Teil jener gesetzlichen Neuerungen zum
Recht auf Versammlungs- und
Meinungsfreiheit sei, die große Besorgnis hervorriefen.
Seit März 2013 führt die Staatsanwaltschaft in
zahlreichen Regionen Russland massive Überprüfungen von NGO’s durch. Die
Organisation „Golos“ wurde bisher als erste zum „ausländischen Agenten“ erklärt
und zu einer Strafe von 300.000 Rubel verurteilt.
Mehr auf http://www.khodorkovsky.com/memorial-rejects-notion-of-alleged-russia-bashing-in-germany/
Mehr auf http://www.khodorkovsky.com/memorial-rejects-notion-of-alleged-russia-bashing-in-germany/
Freitag, 7. Juni 2013
"Russland-Bashing": MEMORIAL richtet Leserbrief an DIE ZEIT
In ihrer Ausgabe Nr. 23 vom 29.05.2013 veröffentlicht DIE
ZEIT einen Beitrag von Gernot Erler, der ein Ende des „Russland-Bashings“
fordert. MEMORIAL Deutschland richtete dazu am 31.05.2013 folgenden Leserbrief an
die Redaktion der ZEIT:
„Mit besonderem Interesse haben wir den Beitrag von Herrn
Gernot Erler in Ihrer Ausgabe Nr. 23 vom 29.05.2013 über das „Russland-Bashing“
gelesen, mit dem nunmehr Schluss sein müsse.
Wir möchten in diesem Zusammenhang ausdrücklich an die
Debatte und Entschließung des Bundestags vom November vergangenen Jahres zur
Stärkung von Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit in Russland erinnern.
Auch Herr Erler hatte damals seine Besorgnis über das Verhalten der russischen
Regierung geäußert. Sie habe sich gegen einen Dialog mit der Opposition
entschieden und viele Hoffnungen enttäuscht. Dabei ging es vor allem darum,
eine „umfassende Modernisierungspartnerschaft“ mit Russland zu entwickeln, die
über die wirtschaftlich-technologische Zusammenarbeit hinaus auch auf
Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft und
bürgerliches Engagement abzielt.
Von einer inhaltlichen Umsetzung dieser
Modernisierungspartnerschaft kann insbesondere nach Inkrafttreten des sog.
Agentengesetzes am 21.11.2012, kaum die Rede sein. Vielmehr wurde der Druck auf
die zivilgesellschaftlichen Organisationen – angefangen bei Umweltverbänden bis
hin zu Menschenrechtsorganisationen und Meinungsforschungseinrichtungen - durch Untersuchungen seitens
Staatsanwaltschaft, Justizministerium und Steuerbehörden massiv verstärkt.
Einschüchterung scheint das Ziel zu sein.
Das Ausbleiben entsprechender Initiativen der russischen
Führung – denn nur diese steht ja in der Kritik – wird immer wieder Anlass zum
genannten „Bashing“ an den russischen Verhältnissen geben. Es muss also an
Russlands Führung sein, mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu wagen und
damit nicht zuletzt auch den Rechten und Pflichten eines Mitgliedsstaats des
Europarats nicht nur rhetorisch, sondern de facto überzeugend Ausdruck zu
verleihen.“
Mittwoch, 5. Juni 2013
Voraussetzungen für NGO-Überprüfungen werden erweitert
Die für Gesetzgebungsfragen zuständige
Regierungskommission hat einen Gesetzentwurf des Justizministeriums
gebilligt, der zusätzliche Möglichkeiten für die außerplanmäßige
Überprüfung von Nichtregierungsorganisationen/NGOs vorsieht, sofern
Informationen über Gesetzesverletzungen durch diese Organisationen
vorliegen.
Der Gesetzentwurf wurde aufgrund einer Anweisung des
russischen Präsidenten vom 12.11.2012 ausgearbeitet. Dies berichtet
lenta.ru mit Bezug auf eine entsprechende Nachricht, die am Dienstag,
dem 04.06.13 auf der Webseite der russischen Regierung eingestellt wurde
(http://government.ru/activities/2256).
Anlass für eine Überprüfung kann z. B. sein, dass
eine NGO die in einer Verwarnung genannte Frist zur Beseitigung
angeblicher Rechtsverstöße nicht eingehalten hat. Weitere Gründe können
Informationen über Gesetzesverletzungen oder eine vermeintliche
extremistische Tätigkeit einer NGO sein.
Bisher wurden mit dem Verband „Golos“/Die Stimme und
dem Zentrum zur Unterstützung gesellschaftlicher Initiativen in
Kostroma zwei Organisationen benannt, die die Registrierung als
„ausländischer Agent“ verweigerten.
Besondere Aufmerksamkeit erregte in diesem
Zusammenhang die Verwarnung der Staatsanwaltschaft an eine bei Moskau
arbeitende Hilfsorganisation für Mukoviszidose-Kranke.
Quelle: lenta.ru/news/2013/06/04/widen/
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