Der Generalsekretär des Europarats Thorbjørn
Jagland, der sich auf einem Staatsbesuch in Russland befindet, hat am
27. November die Internationale Gesellschaft MEMORIAL
besucht.
„MEMORIAL“ sei eine „herausragende Organisation“, es
sei sehr wichtig, dass jede Nation im Bewusstsein ihrer Geschichte
lebe, und „Sie leisten in Russland dazu einen Beitrag“. Auf die
Nachricht von der drohenden Schließung von MEMORIAL (des russischen
Dachverbands) habe er sich umgehend an den russischen Justizminister
gewandt mit dem Appell, das zu verhindern. Er wolle diese Frage bei der
bevorstehenden Begegnung mit ihm erneut ansprechen.
Arsenij Roginskij dankte Jagland für seine
Unterstützung. Er hielt fest, dass das Justizministerium gegen die
russische Gesellschaft MEMORIAL formale Einwände erhoben habe (auf die
der Verband inzwischen mit einer Satzungsänderung reagiert
hat). Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL dagegen sei im Juli 2014 als „ausländischer Agent“ registriert und gebrandmarkt worden.
Alexander Tscherkasov, der Leiter des
Menschenrechtszentrums, und Roginskij betonten, wie sehr die
gegenwärtige Arbeit von MEMORIAL mit der Vergangenheit zusammenhängt.
„Wir stellen Listen politischer Gefangener
zusammen
und verzeichnen politische Verhaftungen und Festnahmen bei
Massenkundgebungen. (…) 1968 hat die ‚Chronik‘ [Chronik der laufenden
Ereignisse, Menschenrechtsbulletin, das seit 1968 über politische
Verfolgungen berichtete] dasselbe getan und wurde dafür verfolgt. Wir
setzen also diese Tradition fort, und die Staatsanwaltschaft tut dies
mit ihren Handlungen ebenfalls.“
Roginskij wies auf die Probleme hin, die die
Machthaber im Verhältnis zur Gesellschaft haben: „Der Regierung fällt es
schwer zu verstehen, was eine Gesellschaft ist, was gesellschaftliche
Organisationen und Vereinigungsfreiheit bedeuten. (…) Vergangenheit und
Gegenwart sind eins. Wir untersuchen wir die massenhaften
Menschenrechtsverletzungen und den Terror in der Vergangenheit . Und
wenn wir uns mit den Menschenrechtsverletzungen heute befassen, stützen
wir uns dabei auf unsere Kenntnisse von der Vergangenheit“.
Russland sei ein Teil Europas: „Wir haben eine
gemeinsame Geschichte, und die Arbeit von MEMORIAL ist in allem ein
Beweis für diese These. Es gibt für uns keinen anderen Weg als den
europäischen. Die Werte der Menschenrechte – das sind unsere gemeinsamen
Werte. (…) Russland ändert sich dann, wenn die Menschen hier begreifen,
dass der Staat unser Diener ist und nicht wir Diener des Staates. Es
ist das Ziel von MEMORIAL, das den Menschen zu vermitteln.“