Ende September wurde die Untersuchungshaft für Oleg Sentsov, Alexander
Koltschenko, Alexej Tschirnij und Gennadij Afanasev bis Januar 2015
verlängert. Sie waren im Mai auf der Krim unter dem Vorwurf, Terrorakte geplant zu haben, festgenommen und nach Moskau deportiert
worden.
Sentsov und Koltschenko bestreiten die Vorwürfe,
Tschirnij und Afanasev sollen nach Angaben der Ermittlungsbehörden
Geständnisse gemacht
haben.
Inzwischen sollen noch vier weitere Personen in das Verfahren
einbezogen worden seien, über die aber keine weiteren Angaben bekannt
sind.
Anlässlich der Verlängerung seiner Untersuchungshaft erklärte Oleg Sentsov vor dem Moskauer Lefortovo-Bezirksgericht:
"Ich weiß nicht, ob die Staatsduma mal ein Gesetz
verabschiedet hat, das das Lachen im Zirkus verbietet. Sie kann das ja
noch tun. Aber ich kann nicht verstehen, warum Sie mit ernstem Gesicht
dem zusehen, was sich hier abspielt. Das ist ein lächerliches
Schauspiel.
Ich werde nicht erneut meine Unschuld beteuern und
erklären, dass alle Vorwürfe auf Fälschungen basieren und politisch
motiviert sind, dass verschiedene Methoden angewandt wurden, um mich
unter Druck zu setzen. Ich habe das schon gesagt. Es hat keinen Zweck,
es zu wiederholen.
Die Ermittlung macht gute Fortschritte, es liegen
bereits 18 Bände vor. Die Ermittler arbeiten hervorragend, ich freue
mich für sie. Neuesten Meldungen zufolge, die durchgesickert sind, soll
ich geplant haben, eine radioaktive Rakete auf den Obersten Sowjet der
Krim abzufeuern. Ich erwarte mit Ungeduld, dass diese Rakete gefunden
wird mit Fotos von mir und meinen Fingerabdrücken – eben so, dass alles
schön aussieht.
Die Ermittlungsorgane, Diener des Gesetzes, befassen
sich mit solchem Unsinn, aber vier Monate nach meiner Anzeige haben sie
es nicht geschafft, die Mitarbeiter zu finden, die mich gefoltert,
erniedrigt und geschlagen haben. Die hier anwesenden Ermittler kennen
sie persönlich, aber sie zu finden ist nicht möglich, das würde ja
bedeuten, sich selbst zu fangen – und das ist natürlich nicht
realistisch. Mit ebensolchem Erfolg könnte man eine Kloschüssel fragen,
wer Sentsov misshandelt hat. Man wird keine Antwort bekommen.
Deshalb braucht man dafür keine Zeit zu
verschwenden, ebenso wenig wie für die Frage, was die Angehörigen der
Landetruppen aus Pskov bei Donezk getan haben und wofür sie gestorben
sind, die Ihr Land jetzt stillschweigend im Geheimen beisetzt.
Ich weiß nicht: Glauben Sie als Staatsangestellte,
dass sich ein System, das auf einer solchen totalen Lüge aufgebaut ist,
ewig halten wird? Selbst Ihre Vorgesetzten laufen noch auf dem Deck des
sinkenden Schiffs herum, blasen die Backen auf und tun so, als wäre
alles gut, und verstehen nicht, dass das Schiff allmählich auf Grund
geht.
Ich kann Russland nur wünschen, möglichst schnell
aus dieser Finsternis herauszukommen und endlich frei zu werden. Und
alle, die kein reines Gewissen haben, sollten lernen, wie sich das Wort
„Lustration“ richtig schreibt. Das ist von meiner Seite
alles."