Justizministerium definiert "politische Tätigkeit"
Im November 2012 trat das berüchtigte
„Agentengesetz" in Kraft, demzufolge russische
Nichtregierungsorganisationen, die finanzielle Unterstützung aus dem
Ausland erhalten und „politisch tätig“ sind, als „ausländische Agenten"
registriert und diskriminiert werden.
Wiederholt war kritisiert worden, der Begriff der
„politischen Tätigkeit" sei schwammig und zu ungenau, er müsse präziser
bestimmt werden. Präsident Putin hatte bereits 2014 eine diesbezügliche
Revision angekündigt.
Nunmehr hat das Justizministerium Änderungsvorschläge für den entsprechenden Passus im „Agentengesetz" vorgelegt, die eine genauere Definition enthalten sollen. Es nennt sieben Kennzeichen für "politische Tätigkeit".
NGOs sind demnach "politisch tätig", wenn sie
- öffentliche Veranstaltungen durchführen –
Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen, Mahnwachen, öffentliche
Vorträge und Diskussionen,
- mit ihrer Tätigkeit ein bestimmtes Ergebnis
anstreben, etwa bei Wahlen oder Referenden, wenn sie Wahlbeobachtungen
durchführen, Wahlkommissionen bilden oder in politischen Parteien
mitarbeiten,
- sich in öffentlichen Aufrufen an Staatsorgane,
staatliche Angestellte, lokale Behörden wenden oder andere Aktionen
durchführen, um sie zu beeinflussen (z. B. im Bereich der Gesetzgebung),
- ihre Auffassungen über politische Entscheidungen der Staatsorgane in den Medien verbreiten,
- die öffentliche Meinung etwa durch die
Durchführung und Veröffentlichung von Umfragen oder anderen
soziologischen Untersuchungen beeinflussen,
- andere Bürger, darunter Minderjährige, zu dieser Tätigkeit heranziehen,
- diese Tätigkeit finanzieren.
Aktivitäten im Bereich von Wissenschaft, Kultur,
Kunst, Gesundheit, Sport, Umwelt sowie im gemeinnützigen und sozialen
Bereich gelten nicht als politisch, es sei denn, sie verfolgten Ziele,
wie sie im zweiten Punkt genannt sind.
MEMORIAL International hat dazu bereits 2013
eindeutig erklärt, dass das "Agentengesetz" auch durch Korrekturen nicht
"akzeptabel" werden kann. Es muss aufgehoben werden.
Diese Forderung vertrat auch Ljudmila Alexejewa, die Leiterin der
Moskauer Helsinki-Gruppe, auf der Sitzung des Menschenrechtsrats beim
Präsidenten in dessen Beisein am 1. Oktober letzten Jahres.
22. Januar 2016
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