Unter diesem Titel fand am 7. Oktober im Foyer des
Kammermusiksaals der Philharmonie von Berlin vor dem Konzert für
Menschenrechte eine Gesprächsrunde statt. Astrid Frohloff (Reporter ohne
Grenzen) sprach mit Svetlana Gannuschkina (Memorial, „Zivile
Unterstützung“) und Peter Franck (Amnesty International).
Swetlana Gannuschkina erläuterte die Gründe für ihr
Ausscheiden aus dem Menschenrechtsrat beim Präsidenten, dessen Mitglied
sie jahrelang gewesen war. Unmittelbarer Anlass war am 24. September
2011 die Erklärung von Präsident Medvedev, für eine weitere Amtszeit
nicht zu kandidieren. Diese Entscheidung sei vor vier Jahren mit Putin
abgesprochen worden. Für Svetlana Gannuschkina war dies ein Schlag ins
Gesicht – sie fühlte sich als Vertreterin der Zivilgesellschaft und als
Staatsbürger so wenig ernst genommen, dass sie ihre weitere Tätigkeit in
einem Rat beim Präsidenten nicht mehr für sinnvoll hielt.
Die folgende Zeit habe ihre negativen Erwartungen
bestätigt: Gegen jedes der restriktiven Gesetze, die nach Putins
Amtsantritt verabschiedet wurden, meldeten sowohl der Vorsitzende des
Menschenrechtsrat Fedotov als auch der Menschenrechtsbeauftragte Lukin
bei Präsident Putin immer wieder Bedenken an und übergaben ihm
persönlich ausführliche Gutachten, die die geplanten Gesetze
analysierten und eindringlich kritisierten. Keiner ihrer Einsprüche
hatte Erfolg.
Svetlana Gannuschkina berichtete über die
Überprüfungen bei den beiden Organisationen, denen sie angehört – dem
Menschenrechtszentrum Memorial und „Zivile Unterstützung“ – einer
Flüchtlingshilfeorganisation. Das Menschenrechtszentrum erhielt danach
eine Aufforderung, sich als „ausländischer Agent“ zu registrieren.
Natürlich hat das Zentrum Widerspruch eingelegt, die Gerichtsverhandlung
wurde mehrfach vertragt und ist jetzt für den 18. November anberaumt.
Die Mitarbeiter von „Zivile Unterstützung“ hatten,
nachdem die Staatsanwaltschaft immer absurdere Forderungen gestellt und
innerhalb kürzester Zeiträume Unmengen von Unterlagen verlangt hatte,
sich schließlich geweigert, diesen Forderungen nachzukommen. Dafür wurde
die Organisation mit einer Strafzahlung belegt, die inzwischen (nach
erfolglosem Widerspruch) rechtskräftig ist. Außerdem hat die
Organisation gegen die Überprüfung selbst geklagt, die in ihren Augen
gesetzwidrig ist. Das Urteil steht noch aus, und Svetlana Gannuschkina
rechnet mit weiteren Überprüfungen.
Für Peter Franck ist das Gesetz schon wegen seiner
mangelnden Präzision und ungenauen Bestimmungen problematisch. So ist
der Willkür Tür und Tor geöffnet. Jede Organisation, die in irgendeiner
Weise versucht, Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen, kann als
politisch tätig eingestuft werden. Wenn sie Fördergelder aus dem
Ausland erhalten hat, gilt sie damit als "ausländischer Agent".
Peter Franck wie Svetlana Gannuschkina wandten sich
ausdrücklich an eventuell anwesende Vertreter Russlands, etwa
Mitarbeiter der Russischen Botschaft, und betonten, dass sich die Arbeit
ihrer Organisationen keineswegs gegen Russland richte. Im Gegenteil,
"wir lieben unser Land", so Svetlana Gannuschkina.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen