Mittwoch, 23. Oktober 2013

Begründung der Gerichtsentscheidung zu MEMORIAL Rjasan



Inzwischen wurde die ausführliche Begründung bekannt, mit der ein Rjasaner Gericht am 16. Oktober die Klage von MEMORIAL Rjasan gegen die Verwarnung abgelehnt hatte (s. unsere Meldung v. 16.10.).

Das Gericht stimmt in seinen Aussagen weitgehend den Argumenten zu, die die Vertreter von MEMORIAL vorgebracht hatten. So hält es ausdrücklich fest, dass für die Verwarnung keinerlei rechtliche Grundlage bestand, sie sei „präsumptiv“. Weder die in der Satzung von MEMORIAL genannten Ziele noch die tatsächliche Tätigkeit des Verbands seien „politisch“ in dem Sinne, wie es im Zusammenhang mit dem „Agentengesetz“ definiert wurde, denn sie zielten nicht auf eine „Änderung der staatlichen Politik“ ab. Außerdem habe es keinerlei Hinweis auf eine mögliche oder geplante „extremistische Tätigkeit“ gegeben, was als weitere Begründung für die Verwarnung gedient hatte.

Die von den MEMORIAL-Vertretern beklagten Mängel in der russischen Gesetzgebung und die juristische Unklarheit bei der Definition „politischer“ Tätigkeit zu untersuchen lehnte das Gericht ab. Dies sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

Das Gericht vertrat jedoch die Auffassung, dass die Verwarnung – obzwar unberechtigt – die Arbeit von MEMORIAL nicht einschränke und in seiner Arbeit nicht behindere, sie sei präventiv und verpflichte die Organisation zu keinerlei Maßnahmen. Mit diesem Argument lehnte das Gericht den Antrag von MEMORIAL ab, die Verwarnung zu annullieren.

Auf Grund der hier bestehenden Rechtsunsicherheit und der durchaus realen Beeinträchtigung seiner Arbeit wird MEMORIAL gegen diese Entscheidung Berufung einlegen.

In der Republik Tschuwaschien hat die Staatsanwaltschaft hingegen die präventive Verwarnung eines Bezirksstaatsanwalts, gegen die der Leiter einer dortigen NGO Beschwerde eingelegt hatte, für unzulässig erklärt. Sie stehe im Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen über die Aufgaben des Staatsanwalts. Präventive Verwarnungen dürfen demnach nur erteilt werden, wenn tatsächlich ein Anhalt für geplante Gesetzesverletzungen vorliegt.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen