Dienstag, 20. September 2011

Straßburger Gerichtshof verkündet Urteil zu Yukos-Klage - Kommentar von Vera Vassiljeva

Das Urteil kritisiert Grundrechtsverletzungen bei den Steuerverfahren gegen Chodorkovskij, erklärt jedoch auch, dass das juristische Vorgehen gegen den Konzern insgesamt rechtens gewesen sei.
Yukos hatte am 23.04.2004  in Straßburg geklagt. 

Eine politisch motivierte versteckte Enteignung oder bewusste Zerschlagung des Yukos-Konzerns habe es nicht gegeben, urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

 

Vera Vassiljeva, Korrespondentin des russischen Menschenrechtsportals hro.org, kommentiert am 21.09.2011 den Straßburger Richterspruch zur Yukos-Klage:
Der Konzern sei nicht aus politischen Gründen diskriminiert worden?
Das habe der Ermittler im Pitschugin-Prozess, Alexander Bannikov, ganz anders gesehen. Und gesagt.
Auch die Weigerung einiger Staaten, die Auslieferung ehemaliger Yukos-Mitarbeiter abzulehnen, weil es sich um politische Flüchtlinge handele, passe nicht so recht ins Bild.
Möglicherweise sei der Begriff schlecht gewählt, und es wäre besser von persönlichen, materialistischen Gründen zu sprechen?
Svetlana Gannushkina, Vorsitzende des Flüchtlingshilfswerks „Bürgerbeteiligung“ und Mitglied des Menschenrechtszentrums von MEMORIAL, habe der  Autorin gegenüber erklärt, dass in der Yukos-Sache weder nach objektiven noch nach sachlichen Kriterien verhandelt würde. Schon 2003 habe sie bei einem Treffen mit dem damaligen Präsidenten Putin zu Menschenrechtsfragen den Eindruck gewonnen, dass dieser sowohl auf den Menschen Chodorkovskij als auch auf den Prozess äußerst emotional reagierte.
Dieser Eindruck wird durch den Chefredakteur der polnischen Gazeta Wyborcza, Adam Michnik, bestätigt, dem in einer Diskussion am 6. September 2010 im internationalen Waldai-Klub die sehr persönliche Reaktion Putins in der Sache Chodorkovskij aufgefallen war.

Ist der Yukos-Konzern also ein Opfer persönlicher Antipathie von Seiten Putins? Diese Feststellung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs steht noch aus …



 


Samstag, 17. September 2011

Mahnwache Belarus am 19.9.2011 um 17 Uhr am Pariser Platz

Amnesty International ruft erneut zu einer Mahnwache zur Freilassung der
gewaltlosen politischen Gefangenen in Belarus auf. Daneben wird die Freilassung von Ales Bialiatski gefordert, der am 4.8.2011 festgenommen wurde.
Für jeden von Amnesty International anerkannten politischen Gefangenen soll an diesem Tag ein weißer Luftballon in den Himmel steigen.

MEMORIAL Deutschland schließt sich dieser Aktion wie in den vergangenen Monaten an.


Die Mahnwache findet am Montag, den 19.9.2011 um 17 Uhr am Pariser Platz statt. Sie sollen künftig am 19. jedes Monats fortgeführt werden.


Weitere Informationen über info@amnesty-berlin2349.de oder j.worner@gmx.de

Samstag, 10. September 2011

Arsenij Roginskij zur Stalinismus-Diskussion in der UdSSR und Russland

Ein sehr lesenswerter Aufsatz (-> Link) zur Stalinismus-Diskussion in der UdSSR und Russland.


Seit dem „Tauwetter“ ist der Umgang mit Stalin und dem Stalinismus ein Gradmesser für die aktuelle Politik. „Anti-Stalinisten“ plädieren für Freiheit und Reformen, „Stalinisten“ für Ordnung und den starken Staat. Die Geschichtspolitik des Putin-Regimes passt in dieses Modell. Der Rückgriff auf Stalin und den Sieg im Zweiten Weltkrieg sollte dazu dienen, Putins autoritäre Herrschaft zu legitimieren. Antidemokratische Politik ging mit der mythischen Verklärung der totalitären Vergangenheit einher.
Doch der nationalstalinistische Geist droht sich gegen seine Schöpfer zu wenden. Zu dessen Abwehr sowie aus innen- und außenpolitischen Motiven bringen sich Medvedev und Putin nun als „Antistalinisten“ in Position. Die sowjetische Geschichte ist erneut Schauplatz eines Kampfes um die Zukunft des Landes.