Gouverneur sichert Unterstützung zu
In den letzten Monaten ist es zu schwerwiegenden
Irritationen im Zusammenhang mit der Arbeit des GULAG-Museums Perm 36
gekommen, der einzigen Gedenkstätte dieser Art in Russland. Wie schon
länger geplant, wurde das Museum zu Jahresbeginn eine staatliche Einrichtung.
Ursprünglich sollte es in ein föderales Programm „zum Gedenken an die
Opfer politischer Verfolgungen“ integriert werden. Allerdings bestehen
nur noch wenig Chancen, dass dieses föderale Programm umgesetzt wird.
Vertreter des Museums Perm-36 und der
Regionalregierung von Perm hatten monatelang über die künftige Arbeit
und Gestaltung des Museums verhandelt und schließlich eine Einigung
erreicht. Das entsprechende Dokument wurde jedoch von der Regierung
nicht unterschrieben. In dieser Zeit kam die Arbeit des Museums zum
Erliegen: Eine staatliche Finanzierung blieb aus, Wasser und Strom
wurden wegen nicht bezahlter Rechnungen abgestellt, Exkursionen nicht
mehr durchgeführt, die langjährige Direktorin Tatjana Kursina, die auch
die staatliche Einrichtung hätte leiten sollen, wurde als angeblich „nicht effiziente Managerin“ entlassen. Das bekannte traditionelle Sommerfestival „Pilorama“ fällt in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal aus.
Der für seine Propaganda-Sendungen gegen
Oppositionelle und NGOs berüchtigte staatliche Sender NTV strahlte eine
Reportage aus, die der Gedenkstätte unterstellte, Kriegsverbrecher und
Faschisten zu verherrlichen. Als Kronzeugen traten ehemalige
Lageraufseher auf. Der Tenor der Sendung entsprach der Kampagne, die
schon seit langem von der stalinistischen Organisation „Sut vremeni“
(Wesen der Zeit) gegen die Gedenkstätte (und andere
Aufarbeitungsinitiativen) geführt wird.
Wiederholte Versuche, sich an den Gouverneur zu
wenden, waren lange ohne Ergebnis geblieben. Bereits im November letzten
Jahres, anlässlich des bevorstehenden zwanzigjährigen Jubiläums der
Gedenkstätte, hatte man ihn um ein Treffen gebeten. Schließlich wandte
sich Memorial Perm mit einem offenen Brief an den Gouverneur mit der
dringenden Bitte, die Verhandlungen fortzusetzen, die erreichte
Vereinbarung zwischen Regionalregierung und dem Museum zu unterzeichnen,
Tatjana Kursina wieder einzustellen und das Museum auf Grund der
vereinbarten gesellschaftlich-staatlichen Partnerschaft wieder in
Betrieb zu nehmen.
Eine entsprechende Petition an den Gouverneur, die auch in deutscher Übersetzung vorliegt, wurde inzwischen von mehr als 50.000 Personen unterzeichnet.
Vor diesem Hintergrund fand in dieser Woche (am 8. Juli) schließlich ein Treffen mit Gouverneur Viktor Basargin statt.
Als Vertreter von Memorial nahmen Alexander Kalich und Robert Latypov
sowie drei weitere Memorial-Mitglieder teil, deren Angehörige in den
30er Jahren in dem Lager eingesessen hatten, sowie die regionale
Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Margolina, die am Zustandekommen der
Begegnung wesentlichen Anteil hatte.
Basargin sicherte zu, dass die Regionalregierung
keineswegs die Absicht hätte, das Konzept der Gedenkstätte zu verändern.
Niemand wolle das Museum schließen, es solle seine Arbeit in vollem
Umfang fortsetzen. Für den Unterhalt seien im Regionalhaushalt – anders
als in den Vorjahren – Mittel bereitgestellt worden. Der Gouverneur
räumte ein, dass im Laufe der Umstrukturierung gravierende Fehler
gemacht worden seien, die die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit
Vertretern der zivilgesellschaftlichen Initiativen in Frage gestellt
hätten. In Kürze werde die endgültige Textfassung der Vereinbarung
vorgelegt, die alle Punkte enthalten werde, die mit dem Museum
abgesprochen waren.
Der Verwaltungschef der Regionalregierung Frolov
hatte nach einem Besuch der Gedenkstätte Ende letzter Woche betont, es
gebe mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen mit den Mitarbeitern von „Perm-36“, der Konflikt werde von manchen Medien und politisch interessierten
Organisationen aufgebauscht. Als staatliche Einrichtung werde sich das
Museum selbstverständlich verändern, aber „von Zensur“ könne „keine Rede sein“.
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