Freitag, 23. Mai 2014

Urteil im Verfahren des Menschenrechtszentrums MEMORIAL

Moskauer Bezirksgericht weist Klage ab


Am heutigen 23. Mai wurde im Moskauer Samoskvorezkij-Bezirksgericht die Klage des Menschenrechtszentrums Memorial gegen die Aufforderung vom 29. April 2013, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen, verhandelt.

Dieser Gerichtstermin war zuvor etliche Male verschoben worden, weil die anstehenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenechte (EGMR) und des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation abgewartet werden sollten. Russische Nichtregierungsorganisationen hatten im letzten Jahr bei beiden Gerichten gegen das „Agentengesetz“ geklagt, das NGOs, die ausländische Fördergelder erhalten und „politisch tätig“ sind, zu einer solchen Registrierung verpflichtet. Das russische Verfassungsgericht hat inzwischen geurteilt und das Gesetz für verfassungskonform erklärt. Das Urteil des EMGR steht noch aus.

Was eine „politische Tätigkeit“ im Sinne dieses Gesetzes bedeutet, ist zwar nicht genau definiert worden, als ein Merkmal wurde indes genannt, es handle sich um eine Tätigkeit, die eine „Änderung der staatlichen Politik“ zum Ziel habe.
Als Indizien für eine „politische Tätigkeit“ hatte die Staatsanwaltschaft Publikationen auf der Website ovdinfo.org (ein Webportal, das über Menschenrechtsverletzungen berichtet) angeführt sowie die Mitwirkung von Sergej Davidis, der dem Rat des Menschenrechtszentrums angehört, in der (oppositionellen) Bewegung „Solidarität“. Davidis betonte, dass beides nichts miteinander zu tun habe und er als Privatperson bei „Solidarität“ mitarbeite. Von Seiten der OVD-Gruppe erklärte Grigorij Ochotin, dass das Menschenrechtszentrum an der Redaktion der Website nicht beteiligt sei.

Ungeachtet aller Einwände bewertete das Samoskvorezkij-Gericht die Tätigkeit des Menschenrechtszentrums MEMORIAL als politisch und lehnte die Klage der Organisation gegen die Staatsanwaltschaft ab. Damit verpflichtete es den Verband, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen.

Alexander Tscherkassov, Leiter des Menschenrechtszentrums MEMORIAL, erklärte, dass das Zentrum dieses erstinstanzliche Urteil in der nächsthöheren Instanz anfechten wird: „Erstens werden wir uns nicht als „ausländischer Agent“ registrieren lassen. Zweitens werden wir weiter arbeiten. Drittens werden wir mit allen rechtlichen Mitteln nicht nur die Rechte anderer, sondern auch unsere eigenen verteidigen. Wir werden den Beschluss des Samoskovrezkij-Gerichts bei der höheren Instanz anfechten. Unsere Klage liegt beim Europäischen Gericht für Menschenrechte. Das Leben geht weiter.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen