Das
St. Petersburger Stadtgericht (das Richterkollegium setzte sich aus der
Vorsitzenden Richterin Gawrilowa und den Richterinnen Salnikowa und
Marina zusammen) wies die Berufung des ADZ Memorial gegen die
Entscheidung des zuständigen Bezirksgerichts zurück, wonach sich die
nichtkommerzielle Organisation ins Register des Justizministeriums
„nichtkommerzieller Organisationen, die die Funktion ausländischer
Agenten erfüllen“, einzutragen habe. Damit beließ es das Gericht bei der Entscheidung in erster Instanz.
In
dem Beschluss des Stadtgerichtes heißt es, dass das ADZ „Memorial“ den
Kriterien des Gesetzes entspricht, welches die Tätigkeit einer
„nichtkommerziellen Organisation, die die Funktion ausländischer Agenten
erfüllt“ definiert, da es ausländische Fördermittel bezog (als Quelle
ist die Schwedische Agentur für internationale Zusammenarbeit Sida
angegeben) und eine politische Tätigkeit ausübte, nämlich durch das
Verfassen und die Verbreitung des Berichtes zur Lage der Menschenrechte
mit dem Titel „Roma, Migranten, Aktivisten – Opfer polizeilicher
Willkür“.
Der
Gerichtsentscheid hebt hervor, dass der betreffende Bericht
Empfehlungen enthält „zur Änderung und Abschaffung geltender
Gesetzgebung, zur Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, zur
Einleitung effektiver Maßnahmen zum Schutz ausländischer Staatsbürger,
insbesondere Arbeitsmigranten vor der Willkür staatlicher und
polizeilicher Stellen“. Weitere Empfehlungen
richten sich an die „Organe internationaler Organisationen hinsichtlich
der Notwendigkeit auf die Unterzeichnung und Ratifizierung juristisch
verbindlicher Übereinkünfte durch die Russische Föderation zu beharren,
darunter auch im Bereich der juvenalen Justiz und der Ausweitung und
Stärkung der Rechte von LGBT-Personen. Das Gericht machte in dem Bericht
eine „Argumentation für die Rechtmäßigkeit politisch motivierter
Handlungen politischer Aktivisten, darunter auch hinsichtlich der
Organisation von Massenunruhen einschließlich politischer Forderungen“
aus. Diesen Umstand fasste das Gericht als „politische Aktion mit dem
Ziel der öffentlichen Meinungsbildung zur Veränderung staatlicher
Politik“ auf.
Das Gericht erkannte in der Verpflichtung zur Registrierung als „ausländischer Agent“ keine Diskriminierung gegenüber dem ADZ „Memorial“.
Gegen den Berufungsbeschluss des St. Petersburger Stadtgerichtes wird Beschwerde eingelegt.
Übersetzung: Philine Bickhardt
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