Freitag, 23. Mai 2014

Urteil gegen das ADZ MEMORIAL bleibt in Kraft

Das St. Petersburger Stadtgericht (das Richterkollegium setzte sich aus der Vorsitzenden Richterin Gawrilowa und den Richterinnen Salnikowa und Marina zusammen) wies die Berufung des ADZ Memorial gegen die Entscheidung des zuständigen Bezirksgerichts zurück, wonach sich die nichtkommerzielle Organisation ins Register des Justizministeriums „nichtkommerzieller Organisationen, die die Funktion ausländischer Agenten erfüllen“, einzutragen habe. Damit beließ es das Gericht bei der Entscheidung in erster Instanz.

In dem Beschluss des Stadtgerichtes heißt es, dass das ADZ „Memorial“ den Kriterien des Gesetzes entspricht, welches die Tätigkeit einer „nichtkommerziellen Organisation, die die Funktion ausländischer Agenten erfüllt“ definiert, da es ausländische Fördermittel bezog (als Quelle ist die Schwedische Agentur für internationale Zusammenarbeit Sida angegeben) und eine politische Tätigkeit ausübte, nämlich durch das Verfassen und die Verbreitung des Berichtes zur Lage der Menschenrechte mit dem Titel „Roma, Migranten, Aktivisten – Opfer polizeilicher Willkür“.

Der Gerichtsentscheid hebt hervor, dass der betreffende Bericht Empfehlungen enthält „zur Änderung und Abschaffung geltender Gesetzgebung, zur Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, zur Einleitung effektiver Maßnahmen zum Schutz ausländischer Staatsbürger, insbesondere Arbeitsmigranten vor der Willkür staatlicher und polizeilicher Stellen“. Weitere Empfehlungen richten sich an die „Organe internationaler Organisationen hinsichtlich der Notwendigkeit auf die Unterzeichnung und Ratifizierung juristisch verbindlicher Übereinkünfte durch die Russische Föderation zu beharren, darunter auch im Bereich der juvenalen Justiz und der Ausweitung und Stärkung der Rechte von LGBT-Personen. Das Gericht machte in dem Bericht eine „Argumentation für die Rechtmäßigkeit politisch motivierter Handlungen politischer Aktivisten, darunter auch hinsichtlich der Organisation von Massenunruhen einschließlich politischer Forderungen“ aus. Diesen Umstand fasste das Gericht als „politische Aktion mit dem Ziel der öffentlichen Meinungsbildung zur Veränderung staatlicher Politik“ auf.

Das Gericht erkannte in der Verpflichtung zur Registrierung als „ausländischer Agent“ keine Diskriminierung gegenüber dem ADZ „Memorial“.

Gegen den Berufungsbeschluss des St. Petersburger Stadtgerichtes wird Beschwerde eingelegt.

Übersetzung: Philine Bickhardt

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