Golos (dt.: "Die Stimme") ist die erste Nichtregierungsorganisation, gegen die im Zusammenhang mit dem berüchtigten „Agenten-Gesetz“ am 25. April 2013 ein Verfahren angestrengt wird. Dieses Gesetz ist seit 21. November 2012 in Kraft und schreibt vor, dass NGOs, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten und politisch tätig sind, sich in ein eigens für „ausländische Agenten“ vorgesehenes Register eintragen lassen.
Bisher hat nur eine einzige NGO diese Registrierung
beantragt – die regionale Menschenrechtsorganisation „Schtschit i metsch“
(Schild und Schwert) in Tschuwaschien. Das Justizministerium lehnte ihre
Registrierung jedoch ab, da sie nicht politisch tätig sei.
Von vornherein lag der Verdacht nahe, dass das Gesetz vor
allem Golos im Visier habe. Seit Jahren führt diese Organisation systematisch
Wahlbeobachtung durch, und zwar auf hohem technischem Niveau, und war
maßgeblich an der Aufdeckung von Wahlfälschungen bei den letzten Duma- und
Präsidentenwahlen beteiligt. Der Fernsehsender NTV reagierte postwendend –
wenige Tage nach den Präsidentenwahlen - mit einer mehrfach ausgestrahlten
üblen Hetzsendung, in der Oppositionelle und insbesondere Golos-Mitarbeiter als
vom Ausland bezahlte und inspirierte Agenten dargestellt wurden.
Nachdem auch bei Golos, wie bei Hunderten anderer NGOs,
umfassende Überprüfungen durch gleichzeitig mehrere Instanzen eingesetzt
hatten, wurde gegen Golos nunmehr ein Verfahren eingeleitet, weil sich die
Organisation, obwohl sie aus dem Ausland Zuschüsse erhalte, nicht als
ausländischer Agent habe verzeichnen lassen. Nach dem administrativen
Strafrecht droht eine Geldstrafe von bis zu 12.500 Euro.
Anders als andere NGOs hat indes gerade Golos in den letzten
Monaten – seit Inkrafttreten des Gesetzes – ausdrücklich auf ausländische
Förderung verzichtet. Sie will sich notgedrungen umorganisieren, natürlich wird
auch bei russischen Bürgern um Spenden geworben. Darüber hinaus hat Golos auch
den Geldbetrag im Zusammenhang mit dem Sacharov-Preis, der ihr vom Norwegischen
Helsinki-Komitee im Oktober 2012 zuerkannt wurde, nicht angenommen. Die Bank wurde
ausdrücklich angewiesen, das Preisgeld zurück zu transferieren.
Dessen ungeachtet erstattete am 8. April (mehrere Monate
nach diesem Vorgang) die russische Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring dem
Justizministerium Meldung über diese Geldzuwendung an Golos. Eben diese Meldung
ist jetzt Anlass für das Verfahren.
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