Sehr geehrter Herr Altbundeskanzler,
wir wünschen Ihnen zu Ihrem
Geburtstag alles Gute.
Als Mitglied der internationalen
Bürgerrechtsorganisation MEMORIAL und langjährige Projektpartner der
MEMORIAL-Organisationen in Russland sind wir sehr alarmiert über das repressive
Vorgehen der russischen Regierung gegenüber russischen
Nichtregierungsorganisationen.
Da Präsident Putin sich an diesem
Wochenende zur Eröffnung der Messe in Hannover aufhalten wird, gehen wir davon
aus, dass Sie ihn anlässlich Ihres Geburtstages treffen werden. Wir hoffen,
dass auch Sie sich gegenüber Präsident Putin kritisch zur Demokratieentwicklung
und Menschenrechtssituation in Russland äußern werden.
Wir würden es darüber hinaus sehr
begrüßen, wenn Sie als prominente Persönlichkeit mit politischem Profil,
juristischer Expertise und wirtschaftlichem Know-How sich auch gegenüber der
deutschen Öffentlichkeit zu den unübersehbaren Problemen in der Russischen
Föderation positionieren würden.
·
Die
Zivilgesellschaft Russlands und ihre ausländischen Unterstützer werden zu
Staatsfeinden erklärt, behindert und bedroht, und zwar in einem auffallend
stalinistischen Jargon.
·
Russische
Unternehmer wurden und werden aufgrund vorgeschobener Steuerdelikte und
dergleichen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, ihre Unternehmen werden
zerschlagen und/oder enteignet und staatsnahen Nachfolgeunternehmen übertragen.
Die russische Wirtschaft ist gekennzeichnet von Abhängigkeitsverhältnissen zur
Exekutive und endemischer Korruption.
Eine verlässliche internationale
Partnerschaft, eine Modernisierungspartnerschaft kann nicht entstehen und
gedeihen, wenn nicht auch die - global vernetzte - Gesellschaft modern und
mündig ist und das Recht hat, sich eigenständig für ihre vielfältigen Ziele zu
engagieren und kritisch an politischen Prozessen teilzuhaben. Als namhafter Sozialdemokrat
und ehemaliger Bundeskanzler könnten Sie durch ein klares Statement dazu
beitragen, die Salonfähigkeit unkritischer Handels- und Geschäftsbeziehungen
mit einem menschenrechtsfeindlichen Partnerland in Deutschland und Europa zu
demontieren.
Der Begriff der Freundschaft ist uns
sehr wichtig. Wir achten Ihre freundschaftlichen Beziehungen zu Vladimir Putin.
Freundschaft verpflichtet jedoch auch zu Kritik.
Wenn Sie Putin vor
isolationistischen Geisterfahrten warnen können, werden Sie bitte aktiv! Wenn
das nicht möglich ist, machen Sie dies öffentlich deutlich und distanzieren
sich von den Vorgehensweisen des russischen Präsidenten.
Es ist nicht zu spät zu einer Umkehr
und Rückkehr zu einem vertrauensvollen Umgang Deutschlands und Russlands auf
der politischen und zivilgesellschaftlichen Ebene. Wenn Sie Ihrem Namen als
Lobbyist Ehre erweisen wollen, hätten Sie dieser Tage Gelegenheit dazu.
Für ein derartiges Engagement wären
wir Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Nina Happe
Mitglied des Vorstands
Berlin, den 5. April 2013
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