Mit MEMORIAL Komi ist ein weiterer MEMORIAL-Verband (neben dem
Menschenrechtszentrum Memorial in Moskau und MEMORIAL Jekaterinburg) als
Organisation verzeichnet worden, „die die Funktion eines ausländischen
Agenten ausübt“. Vorangegangen war eine erneute Überprüfung durch die
Staatsanwaltschaft, der zum letzten Jahreswechsel und danach etliche
NGOs in Russland unterzogen wurden. An MEMORIAL Komi kam die Reihe im
Mai. Im September 2013 hatte das russische Justizministerium
ausdrücklich erklärt, die Organisation sei „kein ausländischer Agent“.
Zuvor hatte bereits Jurij Schabaev, Leiter des Sektors für Ethnologie
am Institut für Sprache, Literatur und Geschichte an der Universtität
Syktyvkar, im Auftrag des FSB ein Expertengutachten über
Veröffentlichungen im „7x7journal“, dem Internet-Publikationsorgan von
MEMORIAL Komi, erstellt. Sein ausführliches Gutachten untermauert er mit
zahlreichen Zitaten aus wissenschaftlichen Arbeiten und
Nachschlagewerken. Er kommt zum Schluss, dass man die untersuchten
Unterlagen „als Form der Agitation betrachten“ könne, „die sich gegen
die bestehenden Machtinstitutionen richtet.“ Er schließt mit der
Bemerkung: „Es besteht Anlass, die Autoren warnend darauf hinzuweisen,
dass derartige Handlungen in der Zukunft unzulässig sind und
gegebenenfalls zu strafrechtlicher Verfolgung führen können.“
Als Material für dieses Urteil dienten u. a. Reportagen über den Prozess gegen Alexej Nawalnyj.
Das Argument, dass hier Kritik an den existierenden
Machtinstitutionen geübt wird, dient als Nachweis der „politischen
Tätigkeit“ im Sinne des „Agentengesetzes“. Damit wird die Registrierung
von Memorial Komi als „ausländischer Agent“ begründet. Allerdings
entspricht dies nicht einmal den Vorschriften des „Agentengesetzes“ – da
die zweite Voraussetzung, nämlich ausländische Finanzierung, nicht
gegeben ist.
In einer Presseerklärung aus Anlass der letzten Überprüfung vom Mai
d. J. hält MEMORIAL Komi fest, dass seit November 2012 (dem
Inkrafttreten des „Agentengesetzes“) kein Antrag an ausländische
Stiftungen mehr gestellt wurde und die letzte Finanzierung aus dem
Ausland (ein bereits laufendes Projekt) im Februar 2014 auslief. Damit
fehlt selbst nach den geltenden Bestimmungen jede rechtliche Grundlage
für die Eintragung.
Der Jahresbericht für 2014 von MEMORIAL Komi findet sich hier (in russischer Sprache).
14. Juni 2015
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