Montag, 3. Februar 2014

Erklärung zum Bolotnaja-Prozess

Am 6. Mai 2012, einen Tag vor der Inauguration Wladimir Putins, ist es in Moskau am Rande einer Kundgebung zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Gegen 29 Teilnehmer wurde ein Prozess eingeleitet, das Verfahren gegen zwei weitere, Sergej Udalzov und Leonid Razvozzhaev, soll am 4. Februar beginnen.

Bis zum 6. Februar sollten die Ermittlungen im ersten Verfahren abgeschlossen sein, inzwischen wurde diese Frist anscheinend nochmals verlängert. Am 2. Februar fand in Moskau eine Solidaritätskundgebung für die Angeklagten mit mehreren Tausend Teilnehmern statt.

Der Menschenrechtsrat der Russischen Föderation (nicht mit dem „Rat beim Präsidenten der RF für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und für Menschenrechte“, ebenfalls kurz „Menschenrechtsrat“ genannt, zu verwechseln) hat die nachstehende Erklärung zur Unterstützung der Bolotnaja-Angeklagten abgegeben.

"Der erste Gruppenprozess im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 6. Mai 2012 befindet sich in seinem Endstadium. Von zwölf Angeklagten sind nur vier unter die Amnestie gefallen, acht Personen erwarten ihr Urteil. Den anderen stehen Gerichtsverfahren noch bevor.

Die Staatsanwaltschaft hat bereits für Aleksandra Duchanina (verh. Naumova) und Sergej Krivov sechs Jahre Haft beantragt; für Andrej Barabanov, Stepan Simin, Denis Luzkevitsch, Alexej Polichonovitsch und Artem Savelov – fünfeinhalb und für Jaroslav Belousov fünf Jahre.

Das Gericht kann in der Regel etwas hinter diesen Anträgen zurückbleiben, die nächsten Instanzen lassen dann gewöhnlich noch etwas nach, um Humanität zu demonstrieren. Jedes Urteil, das die „Bolotnaja-Häftlinge“ für Jahre hinter Gitter bringt, werden die russische sowie die internationale Öffentlichkeit als grausame und zynische demonstrative Abrechnung empfinden.

Es ist bekannt, und das seit einem halben Jahr andauernde Gerichtsverfahren hat es erneut bestätigt, dass es an diesem Tag in Moskau zu keinen massenhaften Ausschreitungen gekommen ist. Das wird umso deutlicher, wenn man diese Ereignisse mit der Konfrontation auf den Straßen von Kiew vergleicht. Der physische und psychische Schaden, den Vertreter der Ordnungskräfte erlitten haben, ist minimal im Vergleich mit den Zusammenstößen am Abend des 6. Mai am Bolotnaja-Platz und mit der Grausamkeit, mit der dort Polizeikräfte und Spezialeinheiten gegen die Demonstranten vorgingen.

Der Prozess hat gezeigt, dass keine Beweise dafür vorliegen, dass die Angeklagten den Verletzten irgendeinen Schaden zugefügt hätten. Dessen sind sich alle Beteiligten bewusst: das Gericht, die Behörden, die Gesellschaft und die Gutachter.

Im Falle eines Schuldspruchs würden die Machthaber, ungeachtet aller vorigen Schritte, demonstrieren, dass sie sich auf einen Konfrontationskurs mit der Zivilgesellschaft begeben wollen.


Ludmila Alekseeva (Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe)
Svetlana Gannuschkina (Vorsitzende des Komitees „Bürgerhilfe“)
Valerij Botschtschev (Mitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe)
Jurij Vdovin (Stellvertretender Vorsitzender von “Bürgerkontrolle”)
Oleg Orlov (Mitglied im Rat des Menschenrechtszentrums MEMORIAL)
Lev Ponomarev (Direktor der Bewegung “Für Menschenrechte” (Za prava tscheloveka)
Alexander Tscherkassov (Vorsitzender des Rats des Menschenrechtszentrums MEMORIAL)"

Informationen zu diesem Prozess auf Russisch hier.

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